German PROSEPOEMS: Satis Shroff
German PROSEPOEMS
(Satis Shroff)
Mein Alptraum (Satis
Shroff)
Wenn die Nacht nicht so Kalt ist, Wenn ich im Bett bin
Träume ich von einem entfernten Land. Ein Land wo ein König über seinen Reich
regiert Ein Land wo es noch Bauern gibt, ohne Rechte, Die Felder bestellen, die
denen nicht gehören. Ein Land wo die Kinder arbeiten müssen, Und keine die Zeit
für Tagträumerei haben. Wo Mädchen das Gras schneiden Und schwere Körbe auf dem
Rücken tragen. Winzige Füße, die steilen Wege gehen. Ein Land, wo der Vater
Holz sammelt und zerstückelt, Die schließlich nur ein Paar Rupien bringen, Von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Ein Land, wo unschuldige Mädchen Ihre rechte
Hand ausstrecken, Und werden mit Dollars belohnt. Ein Land, wo eine Frau weiße,
rote, gelbe und lila Tabletten und Pillen sammelt, Von den altruistischen Touristen,
die vorbei laufen. Die meisten sind weder Ärzte noch Krankenschwestern. Dennoch
verteilen Sie Pillen, Sich ohne Gedanken zu machen über die Nebenwirkungen.
Die Nepali Frau besitzt eine Arsenal
Von potente Pharmaka. Sie kann die fein gedruckte Hinweise nicht lesen, Weil
sie auf Deutsch, Französisch, Englisch Oder Spanisch sind, Die Hieroglyphen von
viele ferne Grammatik. Schwarze Buchstaben sehen aus Wie asiatische
Wasserbüffel in ihren Augen.
„Kala akshar, bhaisi barabar“ sagt die Nepali
Frau. Die Gedanken, dass sie Pillen und Tabletten An andere Kranke Nepali
Mütter oder Kinder verteilt, Macht mir Angst. Wie gedankenlos, diese Fremden,
Die Trekker und Bergsteiger mit Bildung, Die medizinische Almosen geben, Und
dabei die makabere Rollen von Ärzte, Im Schatten des Himalaya, spielen.
Glossar: Kala: Schwarz Akshar: Buchstaben Bhaisi: Wasserbüffel
Barabar: ist gleich/ähnlich wie
* * *
Das göttliche in Dir
(Satis Shroff)
Wenn das vertraute plötzlich Fremd
wird, Die Fremde wird vertraut. Eine fremde Zunge und fremde Sitten, Fremd
zueinander Ein Nepali trifft ein Schweizer Fräulein In den Bergen von
Grindelwald. Ein fremder in ein vertrautes Landschaft, Eine Welt voller eisige
Schneehänge Dennoch wuchs eine Wärme. Wir hatten die gleiche Gedanken Ohne ein
gemeinsames Wort. Die Gesten und die Mimik sagten: Wir verstehen uns. Namaste!
Auf wiedersehen! Auf wiedersehen! Namaste! Wir werden uns wiedersehen. Ich
begrüße das göttliche in Dir.
*****
Santa Fe (Satis Shroff)
Ein deutscher Professor machte mir den Hof Und sagte,
dass ich trotzdem mein Kreatives Schreiben Weitermachen dürfte, Wenn ich ihm
heiraten würde. Ich gab ihn das Jawort, Schenkte ihm fünf Kinder Und hatte fürs
Schreiben keine Zeit. Ich war ewig dabei Pampers zu wechseln, Popos einzukremen
Für sieben Familiemitgliedern zu kochen. Ich staubte die vielen Fenstern und
Möbeln ab. Polierte das Treppenhaus Räumte immer die Kindersachen auf, In einem
dreistöckigen Haus. Ich fütterte und pflegte den Kleinen, Lobte und streichelte
den Größeren. Ich hatte plötzlich keine Zeit Für mich und meine Belange. Hin
und wieder hatte ich eine Inspiration Aber ich hatte keine Zeit Und die
Gedanken sind in Luft aufgelöst. Verloren waren meine intellektuelle
Kostbarkeiten, Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Eine Müdigkeit fiel
über mich. Ich war froh, wenn ich einmal gut schlief. Der Schlaf tröstete mich
nach meiner Hausarbeit. Die Familie war zu sehr mit mir. Eines Tages habe ich
mir auf den Weg Nach Santa Fe gemacht, Der einzige Ort wo ich mich frei fühlte.
Frei zu denken und auszusortieren Und sie in meinem Laptop heranwachsen zu
sehen.
Der Makel (Satis Shroff)
Ich lebe in ständiger Angst
Entdeckt zu werden. Meine Frau weiß es Meine Tochter weiß es Sonst niemand. Ich
fühle mich wie ein Versager, Denn ich habe einen Makel. Die Gründe liegen im
Elternhaus, Teilweise in der Schule. Meine Eltern hatten keine Zeit für mich
Sie schufteten und schafften. Vater kam oft mit einer Fahne. Er schlug auf
Mutter und uns. Mein Lehrer verprügelte mich auch. Ich bekam Lernprobleme. Als Kind
musste ich in den Feldern arbeiten, Denn mein Vater war Bauer. Ich wurde als
Kind vernachlässigt. Meine Mutter hätte mir geholfen, Aber sie war Müde und
ratlos. Ich mogelte mich durch in der Schule, Schaffte aber den Schulabschluss
nicht. So wuchs ich als Mann auf Ohne Lesen, Ohne Schreiben Zu können.
*****
Die Berge sind
Menschenleer (Satis Shroff)
Wo sind die jungen Leute? Die
Männer sind in fremden Armeeen Und dienen ausländischen Herren. Die schönen,
Gehörsamen Frauen Sind in Bombays und Kalkuttas Bordellen verführt. Und sie
Fragen mich: „Wo die jungen Leute sind?“ Sie gingen fort um zu überleben, Weil
eine Kälte sich im Königreich verbreitet hat. Die Dürre, die Hungersnot, Die
Armut, die Vetterwirtschaft Und der Feudalismus Und der Fluch unter den Namen
Afnu manchey und Chakari geht.
Glossar: Afnu manchey: Leute von dem eigenen Kasten (Vitamin B)
Chakari:
Speichelleckerei, Dienstleistungen in einer feudalen Hierarchie
* * *
Nur Sagarmatha weiß es
(Satis Shroff)
Der Sherpa stapft durch die Schnee
Keucht und Kämpft Und bereitet den Weg Mit Fixierseil, Leitern, Haken und
Spikes vor, Und sagt: „Folgen Sie mir, Sir.“
Letzte Saison war es ein Tiroler, ein Tokyoter
Und ein Gentleman von Vienna. Diesmal ist es ein Sahib aus Bolognia, Mit
Gesundheitsversicherung Und Lebensversicherung, Bewaffnet mit Kreditkarten und
Stolz, Stürmen Sie die Himalaya Gipfeln, Mit der Hilfe von Nepalis. Hillary
nahm Tenzings Bild auf. Ach, die Zeiten haben sich geändert.
Für den Sahib ist
es pure Eitelkeit, Für den Sherpa krasse Existenzkampf. Durch stürmische Wetter
und der Sherpas Können und schaffen am vorherigen Tag, Nimmt der Sahib einen
kräftigen Zug Sauerstoff, Er denkt laut im Basislager: „Die Sherpas können eh
nicht kommunizieren, Die sind des Schreibens und Lesens Unkundig zu der
Außenwelt.“
Der Sahib täuscht Krankheit und klettert runter. Und macht ein Solo
Klettern am nächsten Tag. Und so wächst die Legende Von der Sahib auf dem
Gipfel. Ein Digitalfoto geht rund um die Welt Ohne Sherpa Ohne Sauerstoff. War
es ein faires Verhalten?
Nur Sagarmatha weiß es
Nur Sagarmatha weiß es.
** *
Die Frau des Professors
(Satis Shroff)
„Mein Mann ist verrückt, er
spinnt,“ Sagt Frau Fleckenstein, meine Vermieterin, Als sie die Marmor Treppe
schwankend hinunter kommt. Sie bremst ihre torkelnde Gang Mit einem Schluckauf
Und sagt: „ Entschuldigen Sie,“ Und entlädt ihre Elend, Unzufriedenheit,
Melancholie Und Leid. Der Emotionsstau von vierzig Ehejahren. Ihr Mann ist ein
angesehener Intellektueller. Ein Ehrenwürdiger Mann. Ein Professor mit einer
jungen Geliebten. Und sie hat ihre wohlgeformte Flaschen: Rotwein, Weißwein,
Burgunder, Tokay und Ruländer, Schwarzwälderschnaps, Whiskey, Kirchwasser und
Feuerwasser. Je hochprozentiger desto besser. Sie verteidigt sich Sie verletzt
sich Mit Bitterkeit und Eifer. Ihre Schönheit ist verblasst. Einst ihre
Kapital, Jetzt ein Handikap. Ein ledernes Haut, Taschen unter den Augen,
Vernachlässigte blonde Haare Und ein Spitzbauch von abendlichen Naschereien.
Eine verfaulte Leber, Und ein Überschuss an Zorn. Eine Fee die eine Nörglerin
Geworden ist. Spannung liegt in der Luft Töpfe und Pfannen fliegen in der Luft
Furie und Frustration, Zorn und Bösartigkeit. Eine Ehe ist zerrüttet Was übrig
bleibt ist eine Fassade, Von einem Professor und seiner Gattin. Grau und
grausam zueinander. Maskierte Gesichter die sagen: „Guten Tag,“ Wenn es innen
bewölkt, stürmisch, Hurrikanartig ist. Sie vergeben und vergessen. Das ist
menschliche Schwäche. „Ich ertrage mein Groll“ sagt Milady. Und mein Vermieter
ist ein wahrer Herr. Herr über sein Reichtum, Frau und sein elendes Eheleben.
Ein erbarmloses, reuloses, mitleidloses Dasein, Im Winter ihres Lebens.
Zu alt
sich scheiden zu lassen, Zu jung um zu sterben.
Was übrig bleibt ist nur die
Lüge.
* * *
Mental Molotovs (Satis
Shroff)
Wenn Hoyerswerda brennt
Diskutieren sie über Asylanten. Friedliche, Rechtbewusste Deutsche Gehen mit
Kerzen auf die Strassen. Wenn ein Haus in Mölln brennt Diskutieren sie ob sie
Soldaten Von den Gefahren von Somalia zurückbringen sollen. Bei der türkischen
Beerdigung in Solingen, Blieb der Kanzler weg. Und vermied so das Faule Eier
und überreife Tomaten, In seine Richtung fliegen würden. Bei der
Gerichtsverhandlung Kommt der Skin und der Neonazi Mit vielen Haaren auf dem
Kopf. Eine wahre Umwandlung. Er trägt ein Zweiteiler Anzug, Eine Krawatte um
seinen Hals Und sieht so respektabel aus. Er schaut in die Kamera Mit klaren,
kalten, blauen Augen und Sagt: „Ich bin unschuldig Und ein Opfer der Modernen
Industriegesellschaft,“ Und zieht seine ursprüngliche Aussage zurück. Die
Richter sind Nachsichtig, Und der Neo wird auf Freien Fuß gesetzt. Draußen
gestikuliert mit seinem Mittelfinger Und sagt: „Leck mich am Arsch!“ Als er in
einem Auto wegfährt, Und kommt wieder mit einem Molotov, Wie ein Sphinx aus der
Asche.
„Ausländer
raus! Deutschland den Deutschen!“ Das
sind die Parolen Von den neunziger Jahren Und jetzt noch. Die alte Schwarz und
Weiß Fahne Von dem Dritte Reich Verursacht kein staunen mehr, In
Fußballstadien, Strassen und Kneipen.
* * *
Der Zerbrochene Dichter
(Satis Shroff)
Ich war der Präsident von der
Nepali Literarische Gesellschaft Und mein Reich war ein kleines Königreich Von
Dichtern und Schriftstellern am Hang des Himalaya. Ich machte viel
Fortschritte, Nachdem ich als Buchhalter in Seiner Majestätsregierung anfing.
Ich war Brahmane und nahm eine Chettri als
Frau, Schön wie ein Bollywood Sternchen. Jedes mal als ich ihre Antlitz
betrachtete, Wurde meine Männlichkeit geschmeichelt. Ach, weil sie ein
Jahrzehnt jünger war als ich. Ich fing an spät zu schreiben Und veröffentlichte
ein Gedicht.
Die Kritiker sagten meine Verse wären schlecht
Und ich bekam mehrere Abfuhren. Durch Zufall begegnete ich einem begabten
jungen Mann, Der mein Ghostwriter wurde. Während ich mit meinem Geschäft
beschäftigt war, Und die Zahlen hin und her schob, Schrieb er wunderschöne
Verse Und Kurzgeschichten in meinem Name. Meinem Ruf wuchs im Königreich. Ich
wurde hoch verehrt für meine endlose Kreativität. Gedichtbände mit meine Name
sind erschienen. Sie wurden in literarischen Kreisen vorgelesen. Ich wurde
produktiv und Prominent.
Bis mein Ghostwriter meine schöne
Frau nahm Und verschwand.
Da war ich: Ein alter, verletzter,
zerbrochener Mann, Der im Bett lag und auf Yamaraj wartete, der Gott des Todes.
Ich bereitete mich vor um dem ewigen Schicksal Meines Lebens zu begegnen, Nach
einer Diagnose von Leberzirrhose. Der Raksi, Gurkha Rum und teuere schottische
Scotch Hatten mich umgebracht. Bis zum bitteren Ende riss ich mich
zusammen.
* * *
Die heilige Kühe von
Kathmandu (Satis Shroff)
Heilige Kuh! Der Bürgermeister
von Kathmandu Hat es geschafft. Seit Jahrhundert eine Tabu Die freie,
nonchalant Kühe von Kathmandu Wurden zusammengetrieben Wie bei einem Rodeo von
der Nepali Polizei. War es Nandi, Shivas Stier? Oder heilige Kühe? „Trotzdem
sind sie Rinder,“ sagte der Bürgermeister. „Streunende Kühe sind nicht
erwünscht.“
Achtundachtzig heilige Kühe Kamen unter das Hammer Nicht bei
Sothebys Sondern in Kathmandu. Die Auktion brachte 64,460 Rupien.
Kühe waren Hindernisse Für Fußgänger
und Touristen in Thamel. Kühe die Dünger lieferten, Und andere Produkte: Milch,
Joghurt und Butter Für den Hindus und Buddhisten in Kathmandu. Kühe gaben Urin
Das die Hindus eifrig sammelten Und für religiöse Zeremonien brauchten. Kühe
waren Heilig Und wurden angebetet und verehrt Als die Kuhmutter. Kühe die
geschenkt wurden Und frei gesetzt von den Brahmanen und Chettris Um sich von
ihren Sünden zu befreien. Kühe, die eine Zeichen für Gaijatra waren, Eine
achttägige Hommage an den verstorbenen.
Es war ein König, so eine Legende,
Der Befahl, dass Kühe freigesetzt sollen Von Familien die trauerten, In den
Strassen von Kathmandu, Lalitpur und Bhadgaon, Um die Schmerzen von einem
verstorbenen Prinz Zu verkraften, Und eine traurige Mutter und Königen Zu
trösten. Die Kinder verkleideten sich Als groteske Kühe und lustige Figuren Und
tanzten zu Nepali Musik, Um die Königen zum lachen zu bringen Und ihre Tränen
zu wischen.
Glossar: Rs. 64,460=1150 Euro
Kommentare
Kommentar veröffentlichen